Urgetreide

Vergangenheit mit Zukunft

 

Es klingt paradox: Zehntausend Jahre altes Getreide ist eine echte Innovation. Eine Innovation auf dem Feld, in der Backstube und im Handel. Die Renaissance von Urgetreide passt zu aktuellen Verbraucherbedürfnissen, die sich als Antwort auf unsere digitalisierte Welt entwickelt haben: Nachhaltigkeit, Naturbelassenheit, Authentizität, Genuss, Rückbesinnung auf Traditionen – all diese Sehnsüchte können in Gestalt von Urgetreide-Sorten erfüllt werden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Nachfrage nach dem unverfälschten Geschmack von Urgetreide-Produkten rasant wächst. Wir, die Initiative Urgetreide, möchten den Wert und die Wertigkeit dieser alten Getreidearten bewusst machen, mehr Wissen hierüber verbreiten und die Bedeutung dieser kostbaren Getreide für die heutige Ernährung vermitteln - auch anhand von köstlichen Rezeptideen für die eigene Küche.

 

Kulturschatz und Kostbarkeit

Der Ursprung der alten Körner

 

Der Anbau von Urgetreide hat eine lange Tradition. Die frühesten archäologischen Funde gehen auf die Zeit um ca. 8.200 v. Chr. zurück. Damals wurden im Gebiet zwischen Euphrat und Tigris u.a. Einkorn und Emmer kultiviert. Von dieser Region aus breiteten sich die alten Getreidesorten in vielen Teilen Europas aus.

Das folgende Video fasst die Geschichte und die Faszination von Urgetreide in kunstvoller Mehlmalerei zusammen.

Was Urgetreide so besonders macht

Sechs gute Gründe für Urgetreide

 

Die heute so kostbaren Urgetreide sind die Vorgänger moderner Hybridsorten und wurden von unseren Ahnen vor vielen Tausend Jahren angebaut. Einkorn und Emmer sind die Vorfahren von modernem Brotweizen, der weltweit in über 90 Prozent der Brote und Backwaren verwendet wird.

Für die heutige Renaissance der alten Getreide-Sorten gibt es viele gute Gründe:

Brotgetreide haben eine lange Geschichte. Schon 10.000 Jahre v. Chr. entwickelten sich Frühformen des Ackerbaus, im Gebiet des sog. "Fruchtbaren Halbmonds", am nördlichen Rand der Syrischen Wüste. Die dort lebenden Menschen bauten zu dieser Zeit großkörnige Wildpflanzen wie Einkorn, Emmer, Gerste, Erbsen oder Lein an. Die ältesten Funde von Einkorn und Emmer in dieser Region lassen sich auf ca. 8.200 v. Chr. datieren.   

Weit verbreitet war insbesondere Emmer, gewissermaßen der Weizen der damaligen Zeit. Sowohl im alten Griechenland und im Römischen Reich als auch in Mesopotamien und Ägypten zählte die Urgetreide-Art zu den wichtigsten Anbaugetreiden. Der Legende nach war Emmer das Lieblingsgetreide Julius Cäsars. Über Handelsrouten kamen die Getreidearten Einkorn und Emmer zwischen 5.500 und 4.900 v. Chr. schließlich auch nach Mitteleuropa.

Urgetreide haben ein starkes Naturell: Viele Arten sind anspruchslos, witterungsresistent und gedeihen auf kargen und nährstoffarmen Böden. So wird kaum künstlicher Dünger benötigt – im Gegenteil, für Urroggen beispielsweise wären Düngemittel eher kontraproduktiv, da die Halme zu lang wachsen und abknicken würden. Dieses Getreide ist dank seines hohen Wuchses besonders unempfindlich gegenüber Krankheiten: Die Ähren sind weit vom Erdboden entfernt, sodass bei Regen aufgewirbelte Pilzsporen nicht so leicht auf die Frucht übergehen können. So werden auch weniger Pflanzenschutzmittel benötigt, wodurch insgesamt eine geringere Belastung vom Getreide zu erwarten ist.

 

Zudem sind die alten Getreidesorten wie Einkorn, Emmer und Urdinkel sogenannte Spelzgetreide. Dieser Spelz ist eine Hülle, die das Getreidekorn vor schädlichen Umwelteinflüssen und Verunreinigungen schützt. Gentechnik ist bei Urgetreide ohnehin ausgeschlossen, da es gerade um die unveränderten und naturbelassenen Getreide geht.

Dank dem deutlich geringeren Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln sowie dem zum Teil mehrjährigen Anbau schonen Urgetreide die Böden und tragen zur ökologischen Artenvielfalt auf den Feldern bei.

Alle Urgetreide-Arten eignen sich sowohl für extensive, konventionelle Landwirtschaft als auch für ökologischen Getreideanbau. Einkorn und Emmer erfordern einen geringeren Düngereinsatz und schonen so die Böden. Ähnliches gilt für Urroggen, das zudem nur geringe Dosen Pflanzenschutzmittel benötigt. Einkorn zeichnet sich darüber hinaus durch seine Vielzahl an Resistenzen gegen Pflanzenkrankheiten aus und macht den Einsatz von Fungiziden fast überflüssig. 

Die historischen Getreidesorten haben eine Reihe von ernährungsphysiologischen Vorteilen. Insbesondere Einkorn hebt sich durch einen hohen Nährstoffanteil von gewöhnlichen Getreidearten ab. So ist der Anteil von Eisen und Magnesium beim Einkorn etwas höher als beim heute weit verbreiteten Weichweizen, der Anteil von Zink und Carotinoiden sogar deutlich höher. Dinkel verfügt ebenfalls über einen hohen Zinkgehalt und weißt zudem einen erhöhten Selenanteil auf.

 

 

Backwaren aus Urgetreide sind eine innovative und wohlschmeckende Alternative zu herkömmlichen Weizengebäcken: Sie überzeugen mit einem feinen Aroma, einem charakteristischen Geschmack und einer intensiven Krumen- und Krustenfärbung. Gerade bei Feingebäcken kommen die besonderen Geschmacksprofile der Urgetreide in Kombination mit Honig, Mandeln, Nüssen oder Früchten positiv zur Geltung.

Dass Urgetreide trotz all dieser Vorteile für mehrere Jahrhunderte in Vergessenheit gerieten, ist auf das starke Bevölkerungswachstum im Mittelalter und den höheren Bedarf an Getreide zurückzuführen. Dieser wirtschaftliche Aspekt dominierte lange Zeit über den Genussaspekt, bis Urgetreide im Zuge der Rückbesinnung auf ursprüngliche Lebensmittel und Nachhaltigkeit endlich wiederentdeckt wurden – als Geheimtipp für alle, die das Besondere schätzen.

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